Wie wir uns auch im Alltag entschleunigen können
Wie wir uns auch im Alltag entschleunigen können
Heute möchte ich etwas über ein eher unfreiwilliges Projekt erzählen, da es früher umzusetzen war als geplant. Ich habe mich dazu entschlossen, auf das Auto fahren zu verzichten. Jetzt werden die meisten von euch sich wahrscheinlich fragen was daran so besonders ist, das machen ja schließlich Millionen andere Menschen auch. Der Unterschied liegt aber darin, dass ich als Alleinerziehende und Vollzeitberufstätige in leitender Position mit eher ungeregelten Arbeitszeiten, dafür aber mit festen Bring- und Holzeiten im Kindergarten konfrontiert bin. Die Tatsache, dass eine Strecke von zuhause zum Kindergarten und von dort zum Arbeitsplatz 17 km sind, wovon die Hälfte mit 20 kg Übergepäck auf dem Hinterreifen lastend ist, das ganze natürlich abends wieder zurück und der Kindergarten erst um 6:00 öffnet und meine Arbeitszeit um 6:30 beginnt, macht das Vorhaben zu einer ganz besonderen Challenge. Das war nur kurz zu den Eckdaten gesagt. Ihr seht also, ein gemütlicher Radweg mal eben um die Ecke ist das nicht und nun kommt vielleicht die Frage warum ich mir das antue. Es geht wie in allen meiner Selbstversuche um Verzicht und Bewusstseinserweiterung, Unabhängigkeit von System und Materie, um ein Selbstfinden und den Herausfiltern der Grundbedürfnisse.
Die ersten drei Tage machte ich mir das Leben unnötig schwer und fuhr viel zu spät los, verspätete mich zur Arbeit und hatte den Rest des Tages schlechte Laune, weil ich ausgelaugt und gestresst war und meine Arbeit nicht geschafft habe. Von Bereicherung also mal so gar keine Spur. Ich begann dann deutlich früher los zu fahren, was Jannik zwar nicht ganz so gut gefiel, aber mir eine deutlich entspanntere Strecke verschaffte, da ich nicht bis zum Exitus strampeln musste. Nach nun knappen zwei Wochen radeln merke ich zusehends wie sich eine gewisse Art von Entspannung einschleicht, wenn ich mir den Weg zur Arbeit über Umwege bahne. Weit entfernt von Sitzpolster, Schaltung und Gaspedal, sprechen wir hier nicht von Luxus, geschweige denn von Zeitersparniss, und dennoch merke ich, dass es mich glücklicher macht zu radeln als mich ins Auto zu setzen, weil ich zum einen verdammt viel frische Luft am frühen Morgen erhalte und zum anderen diesen Weg mache mit der Gewissheit, alle sonst genutzten Ressourcen komplett unangetastet zu lassen und die einzige Energie, die dafür aufgebracht werden muss, die reine Muskelkraft ist, die auf ihre eigene Art und Weise verlässlich ist. Nächste Woche werde ich das Auto als notwendige Konsequenz zu mehr Unabhängigkeit und Freiheit abstoßen und verliere damit wieder einen Gegenstand, der einen Teil meiner Aufmerksamkeit und Pflege in Anspruch genommen hat, also weniger, um das ich mich kümmern muss und weniger Ressourcen, die ich vom allgemeinen System benötige. Eine kleines Stück zum autarken Leben ist dann geschafft. Und das Gefühl, sich jeden Tag ein wenig zu entschleunigen, sich Zeit zu nehmen, weil die Dinge nun mal nicht schneller funktionieren, man nicht aufs Gaspedal drücken kann und mit 80 kmh durch die Stadt düsen kann, bereichert mich sehr und gibt mir ein Stück innere Balance zurück.
Daumen hoch für diese leistung ich lese sehr gerne diese Alltagsgeschichtenund einige konnte ich schon für mich umsetzten .Ich werde dieses Jahr auch mehr fahrrad fahren .Danke für Dein Artikel
Sehr guter Ansatz, du wirst es nicht bereuen, wenn erstmal der Schweinehund hinter dir ist 😉