AmerikaReisetagebuch

Der amerikanische Traum 2011/2012

Stephi10 comments4398 views

Der amerikanische Traum 2011/2012

Ich stehe mit Jannik am Flughafen und beobachte die Flieger auf und ab steigen, als ich entscheide, es sei nun auch mal an der Zeit für Janniks ersten Flug und damit sich der auch lohnt, soll es nach Amerika gehen, ganze drei Monate, das Visum soll schließlich genutzt werden. Wie immer überlege ich nicht lange, sondern beschäftige mich zeitnah mit dem Suchen von Flügen, für 450 Euro direkt und retour nach Newark von Frankfurt aus, ist er dann schnell gefunden und gebucht. Ich befinde mich in Elternzeit, also Zeit hab ich mehr als genug, nur das Geld nicht unbedingt, also mach ich mich gleich auf die Suche nach Untermietern für den Zeitraum. Auch die habe ich dann noch in letzter Sekunde vor Abflug gefunden, es handelt sich um drei unterschiedliche Personen, die meine Wohnung dann während meiner Abwesenheit quasi als Wg nutzen.

Der amerikanische Traum per couchsurfing

Da ich mich in den letzten 6 Monaten intensiv mit dem Thema Couchsurfing in Form von hosten vertraut gemacht habe, soll diese Plattform auch mir einen tollen Urlaub im Schoß von Einheimischen ermöglichen. Wer couchsurfing nicht kennt, für den sei hier nur kurz erwähnt, es bietet die Möglichkeit kostenfrei bei Einheimischen auf Couches oder Gästebetten unter zu kommen, die Bezahlung erfolgt ausschließlich in Form von kulturellem Austausch. Auf diese Art zu reisen stellt den Pauschaltourismus total in den Schatten. Ich meine unsere erste Übernachtung ist bei einer Kunstgalleristin direkt am Broadway, zugegeben mit nem einundhalbjährigen Kind nicht die beste Wahl ohne ausreichenden Versicherungsschutz, aber um dies vorzugreifen, wir haben es gut gemeistert.

Nun zur Reise und dem Flug

Die Idee einen Nachtflug zu nehmen, entsprang natürlich der Hoffnung, Jannik im tollen mobilen Kinderbettchen der Fluggesellschaft vor meinem Sitz schlafen zu lassen, aber reisen mit Kindern ist immer Sonderregeln unterstellt, so verschläft er Start und Landung, wird zwischendurch und pünktlich zur Schlange in der Immigration wieder wach.

Bitte was? Ich habe mein Kind entführt

Da stehe ich nun, mit meinem gebrochenen nie angewendetem Schulenglisch und den Fragen der kritischen Beamtin, dem Vorwurf der eventuellen Kindesentführung ausgesetzt. Schock macht sich in mir breit, das war es dann wohl, zumindest war ich mal am Flughafen. Ich versuche ihr zu erklären, dass ich nach deutschem Recht alleiniges Sorgerecht habe, stelle aber später fest, ich habe ihr mit meinem Mangel an Vokabular erklärt, ich sei Witwe. Ok, auch egal, sie lassen mich passieren und in mir ein ungeahntes Glücksgefühl beim Verlassen des Flughafens.

Die erste Nacht und der Jetlag

Ich habe mir zuvor für die Ankunftsnacht ein Hotel rausgesucht, weil ich schwer einschätzen konnte, wie uns der Jetlag trifft und es war ne weise Entscheidung. Jannik ist nach amerikanischer Zeit um 2 Uhr morgens so lebendig, dass wir den Hotelflur unsicher machen und den Snackautomaten plündern. Der Teppich hier erinnert mich an eine Requisite aus dem Stephen King Film “Shining”, gruselig.

New York wir kommen

Am nächsten Morgen geht es auf nach Manhattan, ich entscheide mich für den Zug, der bis zum Ground Zero fährt, der Kostenpunkt liegt bei 10 $. Voller Erwartungen und Vorfreude, werde ich bei Ankunft mit einem drückenden Gefühl geplagt und der Frage “Das ist es? Davon spricht die Welt?” Der erste Eindruck von New York überfordert mich, stockender Verkehr, hektische Menschen, Häuserspitzen, die man nur aus einer Mindestentfernung von einen Block erkennen kann, grelle Lichter und die Zeile im Kopf “i want to be a part of it, New York,New York”……..nein, die überschwengliche Freude bleibt aus, aber an dieser Stelle sei gesagt, dass meine Liebe zu New York auf den zweiten Blick am Ende des Trips entfacht wird. Wir bleiben 3 Tage in der Stadt, bei Carol der zuvor erwähnten Kunstgalleristin und erkunden New Yorks Spielplätze und den Central Park. Die Hoffnung mit New Yorker Müttern über volle Windeln und Backenzähne zu quatschen wird schier aufgrund der hohen Anzahl von Kindermädchen zerschmettert. Elternzeit ist in Amerika eher ungewöhnlich. Das Sightseeing Programm fällt mit Kind immer etwas sparsamer aus, die Freiheitsstatue bestaune ich von der kostenlosen Staten Island Ferry, die Spitze des Empire State Buildings bestaune ich aus zwei Blocks entfernt, denn tatsächlich ist diese Entfernung zur Sicht nötig. Das einzige Kinderunfreundliche, was ich durchsetze ist der Besuch zur Eröffnung des größten Weihnachtsbaumes am Rockefeller Center, ein eigener Kindheitstraum, seitdem es “Kevin allein in New York” gibt. Die Menschenmassen beginnen bereits 3 Blocks entfernt und ich bin äußerst dankbar für Janniks festen Schlaf in der Tragehilfe und der weisen Entscheidung ohne Karre zu reisen. Ob es sich gelohnt hat? Ja, das Bedürfnis meines inneren Kindes vor diesen tollen Baum zu stehen, wird komplett erfüllt und es macht sich diese unantastbare Freude breit.

Mit dem Bus nach Philadelphia

Am nächsten Tag geht es mit dem Boltbus für 10 $ nach Philadelphia zu einer Familie mit einem einjährigen Jungen, auf die ich mich sehr freue. Der amerikanische Traum ohne die Gründerstadt Philadelphia? No way. In der Bahn in den Aussenbezirken von Philadelphia ist Jannik extrem unruhig und hungrig, so dass ich ihm von einen Schal geschützt in der Bahn stille, später erklärt mir die Familie den Grund für die fassungslosen Blicke der Mitreisenden. Stillen in der Öffentlichkeit ist ein Tabuthema und kann sogar als Belästigung eingestuft werden, ich merke es mir für den weiteren Reiseverlauf. Wir haben irre viel Spaß mit Erin, David und Klein Mica.

Mit dem Amtrak Zug nach Washington DC

Es folgt noch ein kurzer Aufenthalt mit dem Amtrak Zug für 80 !!! $ nach Washington DC, eine ausserordentlich schöne und multikulturelle Stadt,  wo ich eine Freundin aus Deutschland besuche, bevor es dann mit dem Cityjet nach Jacksonville, Florida geht.

Was der amerikanische Traum und der Sunshine State Florida gemeinsam haben

Florida oder auch der Sunshine State genannt ist der Inbegriff und Synonym für den amerikanischen Traum gleich neben Kalifornien und New York. In Jacksonville startet unser zweimonatiger Roadtrip. Dort hole ich unseren Mietwagen ab, den ich bereits im Vorwege für 2 Monate zum Preis von 900 $ gebucht habe. Ich erwähne nur kurz, dass ich seit etwa einem Jahr kein Auto mehr gefahren bin, weil Jannik Autofahren hasst, ich keine Automatikkenntnisse habe und auch das Buchen eines Navis nicht in meinen Budget vorgesehen war. Mein erstes Ziel ist also erstmal vom Flughafen in Jacksonville weg zu kommen, was mich echt jede Menge Schweiß kostet. 4 Spuren und jede geht woanders hin, Kreuzungen ohne Ampeln und es fährt wer als erster gebremst hat, aber wer verdammt hat denn nun als erstes gebremst ?

Ich treffe auf wildes Amerika

Die zuvor ausgedruckten Routen meiner Freundin aus DC sind eher semi hilfreich und auch ein Gespräch mit einem alten Pärchen am Fastfoodtresen über die Kriminalität und die unberechenbaren Amerikaner, der eingegitterte Tankwart und ein unzufriedenes Kind auf der Rückbank lassen mich zu dem Entschluss kommen, meine Mutter hatte Recht, als sie mir Monate zuvor erzählte, ich sei verantwortungslos und wir werden gekidnappt und in Stücke geschnitten. Fünf Stunden später kommen wir bei unseren nächsten Gastgebern, ein Lehrerpärchen in Jacksonville, an, sehr tolle Menschen und ich verliebe mich in die amerikanische Gastfreundlichkeit. Ich erzähle von meinen Ängsten und dem Gespräch mit dem Pärchen am Tage. Die Angst verflüchtigt sich, das Problem mit der Navigation leider nicht.

Weitere drei Tage mache ich mir das Leben ohne Navi schwer

Hätte ich bloß gewusst wie anstrengend das ist ohne Navi. In St.Augustine, bei Mari-Jane und Familie erhalte ich die freundliche Leihgabe eines Navis bis zum Ende unserer Reise und ich erlebe wieder einmal wie herzlich sich das Reisen fernab vom Pauschaltourismus anfühlt. Am Abend fahren wir samt Kindern durch die Gegend und bestaunen die weihnachtlich dekorierten Häuser, die hier förmlich an einen Wettkampf erinnern. Jeder schmückt was das Zeug hält und wer es nicht tut, ist der Grinch ! Herrlich wie hier alle Klischees bedient werden.

Daytona Beach, Orlando, Celebration und es schneit

Unsere Route zieht uns weiter gen Süden an der Küste entlang, via Daytona Beach, um dann Richtung Orlando vorzudringen, genauer gesagt nach Celebration, eine eigens von Disney in den 60ern entwurfene Stadt. Hier ist nun wirklich alles geregelt, die Höhe der Grashalme, die Gießzeiten für Blumen, die Farben der Vorhänge müssen in harmonischer Abstimmung zum Nachbarn sein, Hecken dürfen nur eine gewisse Höhe haben, es gibt keine Umzäunungen und noch viele andere Dinge, die ein harmonisches und perfektes Stadtbild abgeben sollen. Aus irgendwelchen Gründen gefällt es mir hier sehr, vielleicht hat das auch was mit Feng Shui zu tun. Eine absolute Einzigartigkeit hier gibt es am Wochenende in Downtown, hier lassen sie es schneien bei 30 Grad. Stündlich fliegt hier am Abend Schaumschnee durch die Luft, begleitet von traditioneller Weihnachtsmusik. Die Kinder schaffen es selbst auf diesen Schaumboden noch Schneeengel zu zaubern, was für eine Freude für groß und klein.

Seaworld Orlando und ein Kindheitstraum

Für Disney World halte ich Jannik noch zu klein, aber Seaworld kann ich mir nicht verkneifen, auch wenn ich die Unterbringung dieser tollen Tiere für indiskutabel halte. Das innere Kind in mir brennt darauf und es scheint mir als ein absolutes Grundbedürfnis, das sofort gestillt werden muss ! Der stolze Preis von 87$ plus der Parkgebühren von 15$ hinterlassen einen faden Beigeschmack. Das Gefühl, dass mich bei der perfekt ausgearbeitenden Delphinshow überkommt, ist unbezahlbar und selbst von der Orkashow nicht zu toppen. Ich fühle mich das erste Mal amerikanisch, frei und vom Wind getragen und auch Jannik ist völlig begeistert von diesen Tag. Am Abend gibt es für unsere bezaubernde Gastgeberin Adri selbstgekochtes Essen, Labskaus á la Hausfrauenart, während Jannik die Veranda fegt. Wir bleiben einen Tag länger als geplant und genießen einen Tag des Herumschlenderns, vorbei an den perfekten Häusern und leben einen Tag lang den amerikanischen Traum.

Der amerikanische Traum on the road

Der nächste Tag beginnt früh, denn wir haben einen langen Weg vor uns, rund 299 Meilen sollen es heute werden, weil uns eine Gastfamilie in Pompano Beach abgesprungen ist. Es geht nun nach Boca Raton, einen neureichen Vorort von Fort Lauderdale, wobei Vorort ja hier immer ganz andere Größendimensionen hat. Auf den Weg nach Boca Raton habe ich zwei neue Dinge gelernt, das erste war, dass Palm Beach, wo wir einen Zwischenstop einlegen, so gar nicht amerikanisch wirkt, weil hier kein Kontrast zwischen reich und arm sichtbar ist, was sehr untypisch ist und mich zu dem einzigen Schluss kommen lässt, dass es hier kein arm gibt. Die Tatsache, dass sich an der Kreuzung Mustang und Ferrari treffen, hat meine These dann nur unterstrichen. Neben viel Reichtum in materieller Hinsicht, hat Palm Beach aber auch traumhafte Strände zu bieten.

 

Ein Platzregen und die verrückten Amis auf dem Highway

Die zweite Sache, die ich an diesem Tag gelernt habe, ist wie wichtig es ist in bedrohlichen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Alles ist bestens als plötzlich ohne Vorankündigung, ein heftiger Platzregen mitten auf den Interstate über uns einbricht. Sowas habe ich noch nie erlebt, maximale Sichtweite von 1m, gestrandetete und gecrashte Autos am Straßenrand und vom Aquaplanning will ich gar nicht reden. Weit und breit keine Ausfahrt und total verrückte Amis, die solche Situationen scheinbar gewohnt sind und nicht wirklich vom Gas gehen. Was bleibt mir übrig? Beten ist unpassend wegen der faltenden Hände, also singe ich zusammen mit Jannik das “liebe liebe Sonne Lied” gefühlte 200 mal und bemühe mich genauso gelassen zu sein wie der Rest der Verrückten auf der Straße. Ich sag euch, ich war mehr als nur froh, als wir endlich heil in Boca Raton angekommen sind.

Miami und warum ich Todesängste ausstehe

Über Fort Lauderdale geht es weiter nach Miami, hier stehe ich das zweite Mal Todesängste aus und denke wieder an die Warnungen meiner Mutter. Das Navi führt uns durch einen Vorort, genauer gesagt durch einen Slum und das ganze erinnert mich an eine Szene aus “Gangsters Paradise”, herumlungernde Afroamerikaner vor den heruntergekommenen Verandas und herausblitzende Waffen an den halb heruntergelassenen Hosen. Nun fällt mir wieder ein, dass Florida der Bundesstaat mit dem liberalsten Waffengesetz ist. Ich kreuze diese Strasse nur fünf Minuten, aber glaubt mir, diese fünf Minuten fühlten sich wie Stunden an. Schweißgebadet komme ich an der schönen Seite Miamis an, dafür aber in ein Haus mit 28 Stockwerken an der Brücke zu Miami Beach, aber hey mit Pförtner und Security fühl ich mich sicher. Carol, unsere Gastgeberin wohnt im 24. Stock, uffff, das ist hoch.

Warum ich Miami mit Kind nicht empfehle

Ich habe 3 Tage in Miami eingeplant, weil ich dachte, soviel Zeit brauche ich. Schätze mit einem Tag wäre ich auch ausgekommen. Einmal durch das Art Deco schlendernd und sich fühlen wie in Miami Vice, die vorgeparkten Yachten bestaunen, erstaunlich viel spanisch hören und dann verbringen wir noch einen tollen Tag auswärts von Miami, im Key Biscayne Statepark, wo wir einen wilden Waschbären von der Restaurantveranda mit Pommes füttern und einen Tag im Childrens Museum. Diese Museen sind der absolute Hammer und ich wünsche mir sowas auch in Deutschland, denn es ist so simpel. Die Welt der Großen einfach mal in klein nach gebaut, hier können sie Doktor, Feuerwehrmann, Verkäufer, Gärtner, Ingeneur und und und sein. Es bereitet mir unendlich viel Freude, Jannik einfach nur zu beobachten, wie er Stofftomaten pflanzt, Schwebebrücken über den Keys bewegt oder den Notruf der Feuerwehrzentrale betätigt.

Auf dem Weg nach Key West und Halt auf Key Largo

Nach drei Tagen geht es dann weiter auf dem Highway Richtung Florida Keys mit ersten Stop auf Key Largo, die größte der über 200 kleinen Inseln zwischen dem atlantischen Ozean und dem Golf von Mexico. Hier hab ich wahnsinnig tolle Menschen kennengelernt. In einem kleinen Häuschen auf Stelzen hostet Xochi, unsere Gastgeberin, zur selben Zeit eine Horde Surfer, so dass wir allesamt auf den Boden schlafen und noch bis tief in die Nacht die tollsten Geschichten teilen. Dieses Leben gefällt mir immer mehr und ich merke es geht schon lange nicht mehr nur um Urlaub, es wird zu einer Art Lifestyle. Ich genieße die vielen tollen Emotionen und freue mich, dass ich Janniks Charakter auf diese Art und Weise bereichern kann. Weiter gehts auf der 7-Mile-Bridge Richtung Key West mit Stop auf Sugarloaf Key, Long Island Key (mein absoluter Favourit) und Bahia Honda Key.

Key West oder wo bitte gehts zum Strand?

Auf Key West suchen wir zunächst verzweifelt die hochgelobten schönen Strände, um dann festzustellen, der Tourismus hat sich so breit gemacht auf diesem kleinen Island mit karibischen Flair, dass die wenigen öffentlichen Strände einfach mal so schmal sind, dass weder Platz noch Idylle die Chance auf Beständigkeit haben. Wir verbringen den Tag mit leben, einfach nur sein, Jannik stolziert mit seinem Nachziehkrokodil den Bordstein rauf und runter, hebt heruntergefallene Kokosnüsse auf und lässt sich kulinarisch am Strandrestaurant mit echter italienischer Pasta verwöhnen, zum stolzen Preis von 20 $. Aber hey, wir sind auf Key West, am Ende des Regenbogens sagt man hier, da kann man auch mal den Topf voll Gold in dem Pastagericht suchen. Apropos Regenbogen, wer es nicht weiß, dem sei jetzt nochmal gesagt, dass Key West das Mekka der Schwulen und Lesben ist, ich fühl mich wohl hier 😉 Wir spazieren die Duval Street entlang, in der schon überall Silvestervorbereitungen laufen, obwohl noch nicht mal Weihnachten ist. wir verbringen Zeit mit Shopping von Kleinigkeiten, ich beobachte das betrunkene Partyvolk durch die offenen Barfenster und frage mich an dieser Stelle, ob ich auch mal so war……..keine Antwort an dieser Stelle !!! Wir schlendern bis zum Sunset Pier am Mallory Square, wo sich Künstler wie Artisten, Musiker und Magier um den besten Platz streiten. Mittlerweile neigt sich der Tag farbenfroh dem Ende zu und während ich einen der traumhaftesten Sonnenuntergänge bestaune, den ich je gesehen habe, Segelboote im Rot des Horizonts verschwinden, ein Mann auf Einrad mit Fackeln jongliert, haucht mir ein Strassenmusiker vertraute Texte von Louis Armstrong ins Ohr…..”I hear babys crying, i watch them grow, they´ll learn much more than i´ll never know and i think to myself, what a wonderful world, yes i think to myself what wonderful world” An dieser Stelle kann ich mir eine Träne nicht verkneifen, denn er hat so recht mit seinen Worten, ich sauge den Moment auf, kaufe ihm eine CD ab, die mich für den Rest der Reise begleitet.

Selbst auf die Distanz geschrieben und mit dem Song im Hintergrund fühle ich jeden einzelnen Moment dieser Begegnung aufs Neue. Ich liebe die Welt in all ihren Facetten. Ich trenne mich nur ungern von dieser umsagenen Wolke aus Zauberheit und simples Dasein, aber Jannik wird zunehmend unruhig und sucht Bewegung.

Wir verlassen die Florida Keys und machen uns auf an die Golfküste

Vier Tage vor Heiligabend verlassen wir die Florida Keys mit einem Gefühl von Freiheit und Glück, die Cd des Straßenmusikers tönt rauf und runter, das Wetter ist herrlich und ich fühle mich Weihnachten so fern wie noch nie. Durch die Everglades fahren wir zu Jane nach Naples. Auf dem Tamiami Trail, der Miami mit Naples verbindet, bietet sich eine äußerst interessante Sumpflandschaft. 4 Stunden später erreichen wir Naples und erleben wieder einmal eine Gastfreundlichkeit, die in Worte kaum zu fassen ist. Wer kennt sie nicht, diese Menschen, die so viel Liebe und Zuversicht in sich haben, dass es sie förmlich zum leuchten bringt? Jane ist so ein Mensch und ich fühle mich ihr vom ersten Moment an sehr nahe und auch Jannik hat sie sehr gern. Am nächsten Tag bekommen wir das Sightseeing Programm und fahren durch die teuren Golfbezirke, man könnte meinen, es handelt sich um eine reine Golferstadt hier. Auch die Everglades und eine Alligatorfarm stehen auf dem Programm. Jannik und ich genießen den Tag sehr. Wir füttern Fische, streicheln und halten echte Alligatoren und sehen so gar einen freien Alligator. Auf den Weg zurück bestaunen wir noch das kleinste Posthaus der USA. Den Abend beenden wir mit einem Strandspaziergang und einem Traumsonnenuntergang, danach gehen wir noch gemeinsam essen und am nächsten Tag gibt es noch ein Lunch auf Marco Island, einer absoluten Trauminsel, hier scheint das blau blauer zu sein und das gelb gelber und überhaupt liebe ich dieses maritime Flair und ich liebe den Golf von Mexico, der mir soviel mehr bietet als der atlantische Ozean in seiner Rauheit.

Der amerikanische Traum hinterlässt auch Freundschaften

Es fällt mir sehr schwer einen so lieben Menschen zu verlassen, aber es ist nun Heiligabend und unsere nächste Station in Port Charlotte bei einer Famillie, die uns erlaubt mit ihr das Weihnachtsfest zu verbringen, rückt näher. Wir verbringen den heiligen Abend mit der Gastmutter Michelle in der Kirche und ich erlebe etwas so anderes als es in Deutschland der Fall gewesen wäre, Rockbands auf der Bühne, tobender Applaus, eine tolle Predigt und ich fühle mich dem Himmel sehr nah. Jannik findet es im Kindergottesdienst nicht sonderlich gut, so dass ich wieder zurrück geholt werde.Ich bin schon bangig aufgregt, unsere ersten amerikanischen Weihnachten, all die vielen Weihnachtsfilme ziehen grad an meinem geistigen Auge vorbei, strahlende Kinderaugen überall, alle sitzen noch im Pyjama zusammen, während die Geschenke aufgerissen werden…..haaaach wie schön. Ich habe für Jannik eine Puppenkarre bei Walmart organisiert und die mit einem Flammenstoff und Piratenaufkleber von ihrem rosa Teint befreit, Jannik hat sich riesig gefreut und hat fortan sein Holzkroko und seinen Ernie darin spazieren gefahren.

Zu Gast bei Freunden und was der amerikanische Traum für die Amis wirklich bedeutet

Nach drei Tagen tollen amerikanischen Weihnachten zieht es mich noch einmal zu Jane nach Naples zurück, wir verbringen einen tollen Tag und treffen eine Freundin von ihr zum Essen, die grad ein schweres Schicksal erlitt und ich bewundere erneut dieses helle Leuchten, das sie umgibt, in der ganzen Art wie sie sich um ihre Mitmenschen kümmert. Ich nehme mir vor, einen Teil von ihr mitzunehmen und auf ewig zu verwahren. Jannik und ich fahren am nächsten Tag erst, aber dafür sehr früh nach Fort Myers, der City of Palms wie sie genannt wird, zu Nadene in eine Gated Area mit Pool und allen Annehmlichkeiten, die man sich nur wünschen kann. Nadene kommt grad von einer Radtour aus Thailand zurrück und ich lausche gespannt ihren Reiseberichten. Sie hat drei Jobs, was in Amerika nicht ungewöhnlich ist, um sich diesen Lebensstandard zu erlauben und die wenige Zeit, die ihr noch übrig bleibt, widmet sie ganz und gar dem Radfahren. Ihr Reiseverhalten imponiert mir sehr und das erste Mal frage ich mich, ob ich diese Reise auch mit dem Rad hätte machen können. Wir bleiben länger in Fort Myers als geplant, da unsere nächsten Gastgeber uns kurzfristig abgesagt haben. Wir fahren zum Fort Myers Beach, ins Freilichtmuseum und nach Sanibel Island für eine traumhafte Radtour. Ich genieße dieses vertraute Gefühl des Vorankommens und bin auf ganzer Linie glücklich. Jannik und ich bestaunen die heimische Tierwelt, sehen sogar Alligatoren und Schildkröten.

Eine Kirchengemeinde in Naples erobert mein Herz im Sturm

Am 1. Januar zieht es uns ein weiters Mal zu Jane, denn sie möchte uns gern ihrer Kirchengemeinde vorstellen, ich freue mich auf ein Wiedersehen und auch für Jannik scheint sie eine so vertraute Person geworden zu sein, dass er ihr freudestrahlend entgegenläuft. Ich erlebe einen der tollsten Gottesdienste, die ich je erlebt habe, eine Predigt, die mich auf ganzer Linie berührt, eine Gesangsstimme, die mich noch bis in den Traum begleitet. Ich habe selten etwas so fantastisches erlebt und unterhalte mich noch lange nach der Predigt mit dem Pastor, der mich allein durch seine bloße Anwesenheit positiv bereichert, wir reden über Träume und Wünsche und über Nächstenliebe. Mir gefällt der direkte Kontakt hier zu den Kirchenmitgliedern und das Predigen der Bibel auf den normalen Alltag ausgelegt, mit dem sich vor allem die jungen Menschen viel deutlicher identifizieren können. Erfüllt verlasse ich Jane und die Kirche wieder. Auf den Weg zurrück nach Fort Myers machen wir noch Halt im Fun Lagoon, einen tollen Freibad mit jeder Menge Entertainment für die Kleinsten, unter anderem einen kleinen Wasserkarussell. Jannik kriegt sich kaum noch ein vor Freude und ich sauge seine Freude darüber förmlich auf, es tut so gut, sein eigenes Kind so glücklich und ausgelassen zu sehen und ich frage mich, ob wir Erwachsenen nicht viel öfter kindliches Verhalten annehmen sollten. Wir bleiben noch einige Tage in Fort Myers, fahren nach Downtown, bestaunen das Art District mit seinen bunten und fröhlichen Wandmalereien und besuchen  den Lake Park mit einer bezaubernden kleinen Lok, die eine kleine Reise dreht, auf der man sitzen kann und wieder einmal sitzt das glücklichste Kind der Welt vor mir. Nicht weil es alles tun darf, sondern weil es alles sehen darf.

Verschlafene kleine Inseln und Pine Isalnd

Die schönste Insel, die wir noch besuchen ist Pine Island, wer irgendwann mal in Florida ist, sollte sich diese kleine Insel nicht entgehen lassen. Ich hab selten etwas so schönes gesehen, besonders der Weg vorbei an den bunten kleine Kunsthandwerkerhäuschen imponiert mir sehr, auch der kleine Ortskern ist ein Spielparadies für Jannik und der kleine Tante Emma Laden wirkt so fern vom großen Amerika. Hier scheint die Welt still zu stehen, und es bleibt Zeit für ein tiefes Einatmen und Augenschließen. Ich horche dem Meer und rieche das Grün, schmecke das Salz in der Luft und spüre den Sand unter meinen Füßen, das Leben kann so schön sein. Dieses kleine Paradies im Golf von Mexico wird immer wieder emotionale Erinnerungen in mir wecken. Und da ist wieder einer dieser Momente, in denen ich mich frage wie das Leben weiter geht und ob ich nicht einfach hier bleibe.

Amerikas No.1 Beach, Siesta Beach

Es zieht uns weiter entlang an dem fantastischen Golf von Mexico, mit Stops auf Boca Grande, in Venice Beach und am Siesta Beach, den No.1 Beach in Amerika. Der Sand hier ist feiner wie Puder, heller als jeder andere Sand, erinnert mich ein wenig an diesen tollen Zaubersand für Kinder, der sich wie Knete formen lässt und gleichzeitig wieder zerfällt. Michelle hat mir erzählt, hier soll es die schönsten Sonnenuntergänge geben und genau dafür sind wir hier. Nachdem Jannik diesen fantastischen Pudersand in all seinen Facetten probiert, angefasst, verrieben und verbuddelt hat, bestaunt er mit mir den Zauber der Farben, als die Sonne vor einem Meer aus Zuschauern am Horizont untertaucht. Ja, es war ein wahrlich toller Moment und wieder einmal wird mir bewusst welch ein Glück ich habe, genau in diesen Moment hier zu sein.

Tampa hat für Kinder viel zu bieten

Unser Weg führt weiter nach Tampa, wo wir erneut ein sehr spektuläres Childrens Museum besuchen, in dem Jannik allein drei Stunden nur im Eingansbereich verbringt. Ich habe mir abgewöhnt, mein Kind mit der Vielfalt zu überfordern und ihm den Willen meines eigenen inneren Kindes, alles zu sehen und alles mal zu benutzen, aufzuzwängen. Stattdessen lass ich ihn diese gigantische Spielelandschaft in seinem eigenen Tempo erleben, auch wenn das bedeutet villeicht nicht weiter als bis zur Eingangshalle zu kommen. Den Abend lassen wir mit einem weiteren atemberaubenden Sonnenuntergang am Boulevard Shore ausklingen. Am nächsten Tag besuchen wir den Tampa Zoo und erleben einen der tollsten Zooanlagen, die ich je gesehen habe. Mir gefällt die Aufteilung hier sehr, von einem zentralen Punkt aus kommt man zu den verschiedenen Tieren, die nach Kontinenten aufgeteilt sind. Der Streichelzoo, eingebunden in eine nachgestellte Bauernhoflandschaft, rundet das ganze ab. Wir erlebten einen weiteren atemberaubenden Tag, der sich mit Kosten von 25 $ auch noch gut verkraften lässt, Kinder unter 3 sind frei.

Mit der Fähre nach Caladesi Island

Wir folgen dem Golf weiter entlang der Westküste Floridas und machen immer wieder Stops auf bezaubernden kleinen Inseln wie Boca Grande oder Honneymoon Island von der man mit der Fähre für 14$ nach Caladesi Island gelangt. Sie gehören dieser kleinen maritimen Zauberwelt an mit ihren ganz eigenem Flair und ich empfehle jedem, vor allem mit Kindern, mindestens einer dieser kleinen vielen Inseln an Floridas Westküste einen Tagesausflug zu widmen.

St.Petersburg und das Dali Museum

Wir erreichen St.Petersburg bei Regen, was uns aber nicht stört, denn wir planen den Tag im Dali-Museum ein. Mit 13 besuchte ich bereits sein Museum in Barcelona und war sofort Feuer und Flamme mit seinen Werken, diese aber mit einem Kleinkind zu bestaunen, bringt eine neue Herausforderung für mich. Ich versuche Jannik für die Kunstwerke zu begeistern, tatsächlich hat er aber am meisten Spaß an der Bank mit der typischen Form der verflossenen Uhr, die so charakteristisch für seine Kunst ist. Nichts desto trotz gelingt es mir, den Tag auch für mich zu genießen.

Ich lerne Nächstenliebe auf höchsten Niveau kennen

Am Abend lerne ich einen der interessantesten Menschen überhaupt kennen, Gina. Eine absolute Powerfrau, alleinerziehende Mutter von zwei fast erwachsenen Jungs, hat mit Pferd und Rad schon fast ganz Amerika durchquert, liebt ihre Huskies über alles, ist eine leidenschaftliche Tänzerin und hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihre positiven Samen in andere Seelen zu verpflanzen. “Open your home to Strangers” lautet ihre Devise und damit holt sie Menschen von der Straße, gibt ihnen kostenlos ein Zimmer in ihrer Garage und damit die Chance, ihr Leben wieder selbst zu bestimmen. Das einzige, was sie fordert, ist der Verzicht von Alkohol und die Suche nach einem Job, um das von ihr gestellte Zimmer innerhalb der nächsten 6 Monate selbst zu zahlen. Ihre Rechnung ging fast immer auf, nachdem mindestens ein Rückfall in Form von Alkoholexzessen und der damit verbundenen Konsequenz des Rauswurfs, eintraf. Ich bewundere diese Frau für ihren Mut,ihre Aufopferung und ihren Kampfgeist. Wir verbringen einen fantastischen Abend auf Treisure Island mit einem Drum Circle, der jeden Donnerstag und Sonntag Abend dort statt findet. Jannik kann sich kaum einkriegen vor Freude als er die vielen Trommeln sieht.

Der amerikanische Traum und wie es Tallahassee zur Bundeshauptstadt Floridas geschafft hat

Mit vielen neuen Eindrucken bahnen wir uns den Weg Richtung Tallahasse, der Hauptstadt Floridas. Wir machen noch Halt in Crystal River, ein Ort, der für seine Seekühe bekannt ist, die sogar einen Morgen an unseren Fenster vorbei ziehen. Unbedingt zu besuchen ist der Homosassa Springs Wildlife Statepark. Wir bleiben zwei Tage in Gainesville, der Universitätsstadt Floridas. Ich lerne dort Beth kennen, 28 und Mutter von fünf Kindern, wovon die letzten drei von ihr allein und ihrem Mann Damian zur Welt gebracht wurden. Mit Bewunderung betrachte ich deren Alltag, der geprägt von Energie, Fröhlichkeit und Freiheit , ist. Und ich bin dankbar für jeden Moment, den Damian und Beth mit uns teilen. Der Höhepunkt unseres Aufenthalts ist ein Ausflug in die Higher Springs, wo wir Kayak fahren. Damian erzählt mir von seinem Traum fernab von der Gesellschaft im Wald ein Haus zu kaufen und so gut es geht dort autark leben leben zu können, während Jannik sich dem Rest des Familienclans anhängt und im Wasser planscht, wo er dann unfreiwillig tauchen geht, weil er sich etwas selbst überschätzt. Ich verlasse diese imponierende Familie nur ungern, gestehe mir aber ein, dass sie noch bis heute einen bleibenden Einfluss bei mir hinterlassen haben. In Tallahasse bleiben wir zwei Tage bei Kim und Dina in einem beeindruckenden Haus, bekommen eine Privatführung der Universität, ein riesengroßes Lunchpaket und soviel Herzenswärme, dass es für Tage reicht. Wir lernen die Stadt ein wenig kennen und erfahren, dass einzig und allein die Lage dafür verantwortlich ist, dass diese Stadt zur Hauptstadt Floridas geworden ist. Ich freue mich sehr, die beiden kennen gelernt zu haben.

Die Panhandlecoast

Nun geht es an einem sehr langen Tag nach Pensecola und wir sind fast 5 Stunden on the road, eine eher unspektakuläre Strecke. In Pensacola besichitgen wir das Naval Air Station Museum und ich bin beeindruckt von einem weiteren Homeschooling Jungen, der mir sein Detailwissen über jedes Teil der Flugzeuge erläutert, unfassbar. Er hat 8 weitere Geschwister und der Grund weshalb Florida im Verhältnis zu anderen Bundesstaaten viele zuhause unterrichteten Kinder hat, liegt vor allem in dem schlechten Schulstandard. Wir alle kennen die amrikanischen Highschoolfilme, in denen nicht selten Mobbing, Drogen und Gewalt eine Rolle spielen und diese Filme entsprangen laut Aussage vieler hier leider nicht nur bloßer Phantasie. Ich würde mir für Deutschland auch wünschen, ein wenig flexiber mit der Schulpflicht umzugehen, mal sehen, wie wir es handhaben werden, wenn Jannik schulpflichtig wird. Von Pensacola geht es zurück Richtung Tallahassee vorbei an einer atemberaubenden Küste, der Panhandlecoast, wie sie genannt wird. Wir machen Stop in Panama City Beach,eine niedliche kleine Stadt an der Golfküste mit bunten Häusern.

Einmal durch das zentrale Florida fernab vom Tourismus und Reichtum

Zügig geht es weiter und spät am Abend erreichen wir erneut Kim und Dina in Tallahassee, wo wir mit einem Abendessen begrüßt werden. Dina hat es sich zur Aufgabe gemacht, uns mit dem tollsten Spielplatz (Tom Brown Park) in der Umgebung bekannt zu machen, bevor unsere Fahrt weiter Richtung Zentralflorida geht. Wir machen noch einmal Halt in Crystal River, bevor es nach einer ausgeruhten Nacht ein weiteres Mal nach Celebration geht. Auf den Weg dorthin halte ich auf Anraten vieler Einheimischen an einen der vielen Felder und Orangenplantagen, wo mexikanische Gastarbeiter unter sehr schlechten Bedingungen wenig Geld verdienen. Sie leben zusammen gekehrt in kleinen Wohnwagen und arbeiten teils bis zu 18 Stunden am Tag, niemand weiß, wieviele davon überhaupt legal hier sind. Das ist eine traurige Kehrseite von Florida, die den meisten Touristen nicht bekannt ist. Ich bin dankbar, dies gesehen zu haben, denn es verdeutlicht immer wieder, dass jedes Paradies auch seine Schattenseiten hat. Unsere Zeit in Florida neigt sich langsam dem Ende zu und wir erreichen Mary-Jane in St.Augustine, wo wir das Navi dankend zurück geben und uns einen großen Koffer zulegen für all die gesammelten unsinnigen Kleinigkeiten, an denen ich nicht vorbeikam und die an Masse im Kofferraum unseres Mietautos leicht unterschätzt wurden. Dieser zusätzliche Koffer schlägt dann am Flughafen in Jacksonville gleich nochmal mit 100$ Übergepäckskosten nieder, da mir wegen der langen Wartezeit an der Mietwagenstation, leider ein Umpacken nicht mehr möglich ist. Das kommt davon !

Boston mit Kind im Winter

Unser Flug geht nach Boston und das im Februar. Man hat uns überall für verrückt erklärt direkt aus dem warmen Florida in das kalte Boston zu reisen und Janniks Worte bei Ankunft waren kurz und bündig…….brrr,kalt! Damit trifft er es auf den Punkt. Wir organisieren uns erstmal ein Essen in einer Foodlounge und nutzen das öffentliche Wc zum Leidwesen der Angestellten als Wickel-, Wasch- und Umkleidestation. Wir bleiben 3 Tage in Boston und sehen uns, na klar, die weltberühmte Harvard University an, schlendern ein wenig durchs Univiertel, wärmen unsere fast erfrorenen Finger an heißen Getränken auf und genießen den Augenblick, einfach hier zu sein. Am nächsten Tag lernen wir ein weiteres überragendes Childrens Museum kennen und genießen es sehr, uns nicht in der Kälte aufhalten zu müssen. Die Außentemperaturen liegen aktuell bei -5 Grad, zur Erinnerung, zwei Tage zuvor waren es noch +32 Grad. Trotz der Kälte bereue ich es nicht, diesen Stop in Boston eingelegt zu haben und erneut wahnsinnig tolle Menschen kennen gelernt zu haben.

Mit dem Amtrak nach Washington DC

Mit dem Amtrak Zug geht es dann über Nacht von Boston erneut nach Washington DC, die Fahrt ist sehr beschwerlich, da in unserem Abteil ein Betrunkener mitfährt, der ständig raus und rein läuft, Selbstgespräche führt und immer wieder knisternd seine Chips futtert. Ich ärgere mich ein wenig über die sonst so resoluten Amerikaner, dass sie dies geschehen lassen. Ich traf in Philadelphia eine Frau, die eine Nacht eingesperrt wurde und ein Wochenende zum Benimmkurs musste, weil sie sich nach dem Genuss von Alkohol am Bahnhof übergeben musste, öffentliches Trinken ist mancherorts eine Straftat, in diesem Zug scheint zumindest das Resultat geduldet zu werden. Erschöpft erreichen wir Washington und treffen uns mit der Freundin aus Deutschland, nachdem wir erstmal ein wenig nachgeschlafen haben. Am nächsten Tag geht es dann wieder weiter nach Philadelphia mit dem Bus und wir verbringen zwei tolle Tage mit Erin and family. Unter anderem besuchen wir ein weiteres Childrens Museum, welches mein absoluter Favorit ist, weil es die Welt von Alice im Wunderland nachgestellt hat und Jannik soviel Spaß hier mit Mica hat.

Einige letzte Tage bleiben uns in New York

Wehmütig verlassen wir Philadelphia mit dem Wissen, dass unser Flieger in zwei Tagen zurück nack nach Hause geht.Unsere vorletzte Nacht ist zugleich unsere letzte Couchsurfing Nacht in Amerika. Wir lernen Shirley kennen, sie wohnt am Hudson River und hat einen beeindruckenden Ausblick und jede Menge tolle Reisegeschichten aus Indien und Thailand. Ich lausche lange ihren Geschichten ehe mir die Augen zufallen und bedanke mich am nächsten Morgen für die informativen Tips.Für die letzte Nacht habe ich mir etwas besonderes aufgehoben, einen Hotelgutschein für das Hilton Hotel am Times Square. Bewusst zum Ende gewählt, mit der Möglichkeit, die letzten drei Monate noch einmal revue passieren zu lassen, ohne die Gedanken oder Emotionen mit anderen zu teilen. Und ein fast unglaubwürdiger Zufall ergibt, dass 10 Stockwerke über mir ein Freund aus Hamburg zur gleichen Zeit im Hotel ist und wir schon seit Ewigkeiten versuchen uns zu treffen. Er ist mit einem Freund auf New York Tour und tatsächlich haben sie just eine Stunde vor meinem Eintreffen einen Citypass gefunden, den sie mir zur Verfügung stellen und der mir ermöglicht all die tollen Sachen in New York zu machen, also schließe ich mich den Jungs an und mache die Nacht zum Tag, packe Jannik gut ein in meine Tragehilfe, so dass er seinen Schlaf erhält, während ich auf dem Empire State Building tanze und da passiert es plötzlich, ich verliebe mich in diese Stadt, die niemals schläft und da ist wieder diese Zeile in meinem Kopf “I want to be a part of it, New York, New York…..I wanna wake up in a city that never sleeps, and find i´m king of the hill, top of the heap, New York, New York”……

Der amerikanische Traum, spätestens jetzt hat mich New York erreicht

All der Trubel, die Hektik, der stockende Verkehr und die hohen Häuser, die mich drei Monate zuvor noch so überfordert haben, fügen sich mir jetzt fast wie ein Puzzlestück in ein ganzes Bild und ich begreife, dass meine anfängliche Abneigung eine andere Art von Angst vor dem Unbekannten in geballter Ladung war und erst jetzt, wo ich die amerikanische Kultur verstehe und ein Stück mit ihnen gelebt habe, quasi in ihren Alltag eingetaucht bin und es mir so vertraut geworden ist, fühl ich mich wie ein Teil vom großen Ganzen und welche Stadt könnte das besser repräsentieren als New York? Ich verdränge den Gedanken, nach Hause zu müssen und auch den Gedanken,bald wieder arbeiten zu gehen und lebe nur im Jetzt und mache die Nacht zum Tag und genieße jeden Augenblick, eins mit Jannik, der an meinem Herzen schläft.

Als unser Flugzeug am nächsten Tag abhebt, vergieße ich ein Träne und bin unendlich dankbar für die tolle Zeit und die vielen tollen Menschen, die mir ihre Tür und Herzen geöffnet haben.

Mein Fazit zu Amerika mit Kind

Ich würde es immer wieder machen und bereue nicht einen Moment, diese Reise trotz einiger Warnungen gemacht zu haben. Frei nach dem Motto, wer nicht wagt, der nichts gewinnt und ich habe soviel gewonnen an Erfahrungen und auch Jannik hat einen Riesensprung gemacht, ich bin unendlich stolz auf ihn.

Die Kosten für drei Monate Amerika

Zuletzt einmal der Kostenpunkt dieser Reise, der sich bei 4000 Euro inkl. aller Kosten wie Flug, Versicherung, Mietwagen, Verpflegung, Eintrittsgelder etc. einpendelt. Ich schätze mal in Deutschland hätte ich inkl. Mietkosten das gleiche in drei Monaten ausgegeben. Ich möchte damit einfach ausdrücken, dass Reisen weder teuer noch voller Verzicht sein muss und es mit ein wenig Konsequenz und Mut jeder wagen kann und sollte, der davon träumt.

Wie hat dir dieser lange Bericht gefallen? Was war dein persönliches Erlebnis und was bedeutet für dich eigentlich der amerikanische Traum? Hinterlasse einen Kommentar.

Stephi
Alleinerziehend.Reisesüchtig.Freiheitsliebend.Alternativ.

10 Comments

  1. Diese “Geschichte” hab ich schon einigemale gelesen und werde es auch immer wieder tun, es berührt mich so sehr und ist einfach schön zu lesen!! Man fühlt sich wie dabei und es zieht einen einfach in den bann, danke dafür

  2. Liebe Steffi,

    wow das klingt ja ganz schön abenteuerlich! Es war bestimmt eine wunderschöne Zeit! Deine Geschichte ist unglaublich unterhaltsam. Mir selbst hat es in Miami auch nicht so sehr gefallen…Würdest du solch eine Reise nochmal planen oder dann lieber wo anders hin gehen?

    Liebe Grüße,
    Sandra

    1. Ich würde sofort wieder hin, nur diesmal ohne Miami und vermutlich mit dem Rad. Auf meiner Bucketlist, die ich unbedingt nochmal veröffentlichen sollte, steht unter anderem die 7-Mile-Bridge mit dem Rad überqueren. Obwohl wir zwei Monate in Florida waren, habe ich immer noch das Gefühl, jede Menge verpasst zu haben. Das ist wahrscheinlich eine Festellung, die jeder Reisende macht, wenn es zurück nach Hause geht 😉

  3. Das mit dem Rad ist ne super Idee!
    Ja, das Gefühl kenn ich.
    Man kommt Heim & denkt man hat viel verpasst…aber so ist das nun einmal.
    Es geht eben nicht immer alles und es gibt da draußen noch so viel zu entdecken!
    🙂

  4. Also, trotz der Länge finde ich den Beitrag wirklich toll. So toll, dass mir noch mehr viele kleine Details fehlen zu den Menschen und den Orten. Gibt es eine Fortsetzung davon?

  5. Danke für diesen mutmachenden Bericht! Ich überlege mit meiner einjährigen Tochter zu reisen, aber weiß nicht, ob ich die Hürde auch so gut meistern kann. Zudem ist mein Umfeld leider gegen diese Idee! Ich bin ein Jahr durch Australien gereist (mit jobben) und bin nun seit einem Jahr mit meinem Kind zu Hause und langsam wird es Zeit raus zu kommen! Welche Reise würdest Du für den Anfang empfehlen (wichtig sind mir Leichtigkeit, Sicherheit, Hygienestandards und leider hab ich ein sehr kleines Budget). Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen, entweder hier oder auch gern per Mail. LG Bettina

    1. Hallo Bettina,
      Kleines Budget, guten medizinischen Standard und tolles Wetter? Das schreit nach Thailand. Besonders der Norden ist problemlos machbar mit weniger als 10€ pro Tag. Soll es in Europa sein, empfehle ich Portugal, nicht unbedingt i. Hochsommer. Die Portugiesen sind super kinderfreundlich und ein entspanntes Volk. Als Jannik ein Jahr alt war, sind wir drei Monate nach Amerika u d konnten dank couchsurfing auch mit ganz wenig auskommen. Evtl kannst du deine Wohnung aufloesen oder untervermieten um die Kosten in der Heimat aufzulösen.was das Umfeld sagt, ist nur die Sorge um euch. Nimm sie ernst aber lass deine Meinung davon nicht beeinflussen

  6. Super, vielen Dank für die schnelle Antwort! Ich werde nächsten Monat spontan mit einer Reise in Europa beginnen (Schottland, England, Frankreich) und hoffe auch auf CS-Unterkünfte. Werde nach Schottland Fliegen und den Rest mit der Bahn. So zumindest der Plan, ich muss mir das alles noch gut durchrechnen. Wenn das gut klappt, dann trau ich mir mit Sicherheit auch Thailand zu. Da wir erst ab September einen Krippenplatz bekommen haben, haben wir jetzt viel Zeit, die ich sinnvoll nutzen möchte. Noch eine Frage, hat dein Kind damals gut geschlafen? Bei uns ist es leider noch nicht so gut…

    1. Jannik ist kein guter Schläfer gewesen und brauchte immer viel Beschäftigung. Versuche couchsurfing gut zu planen. In Europa ist es nicht so schwer was zu finden. Vielleicht kannst du deine Wohnung untervermieten und so die Kosten senken. So habe ich es die drei Monate in Amerika gemacht. Wenn du noch Fragen hast, schreib mich gerne an.

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