Einmal Mailand, Gepäckband, Regen und zurück
Einmal Mailand, Gepäckband, Regen und zurück
Ich nahm mir vor, mindestens alle 6 Wochen eine Auszeit zu nehmen, die nicht zuhause sein sollte und auch nicht lange dauern musste, weil ich mich rastlos fühle. Als ich wieder ein Schnäppchen schlage und für gerade mal 60 Euro hin und zurück für Jannik und mich einen Flug nach Mailand erstehe, kann ich meine Begeisterung schwer in Worte fassen. Bei so einem Angebot zögert man natürlich keinen Moment und wir bleiben von Samstag bis Dienstag in der Stadt der Mode. Natürlich konnte ich es wieder nicht lassen und tat mir noch kurz vor Abflug ein paar Arbeitsaufgaben an, die ich nicht aus der Hand geben mochte. Die Entscheidung führte dazu, dass wir wie schon oft in Stress geraten und fast den Flieger verpassen, mal abgesehen von der hektischen Suche nach dem Reisepass beim Check In. Schätze an dieser Stelle bin ich einfach unverbesserlich, chaotisch, aber immer mit nem Haufen guter Geister umgeben, die sich darum kümmern, dass am Ende alles gut geht.
Völlig abgehetzt sitzen wir im Flieger, schlürfen unser Wasser und futtern die mitgebrachten Bananen, während ich Jannik versuche von dem Snackwagen abzulenken, der hier gefühlte 20mal zu extrem überteuerten Preisen an uns vorbei zieht. Jannik ist mittlerweile ein richtiger Vielflieger geworden und hatte bislang auch nie Probleme dabei, auch diesen Flug schaut er staunend die Wattewölkchen an, während er das Rollo am Fenster rauf und runter schiebt. Als wir mit dem Flieger über den Alpen sind, staune ich über die herausblitzenden Bergspitzen und erschrecke gleichzeitig über die Luftlöcher, die aber nach Aussage eines Mitreisenden an dieser Stelle nicht selten sind. Die Landung ist dafür eine der besten, die ich je erlebt habe, so dass wir kaum wahrnehmen, schon da zu sein, bevor das typische Trompetengeräusch der Billig-Airline ertönt. Ich liebe diesen Sound. Jannik findet es irre aufregend an dem kleinen Flugplatz in Bergamo über den Asphalt zu wandern und die Flugzeuge zu bestaunen, das Sicherheitspersonal teilt seine Leidenschaft dafür nicht wirklich und gibt uns in typischer italienischer Gestik, die keine Worte braucht, zu verstehen, dass wir bitte zügig den anderen Passagieren ins Gebäude folgen möchten. Na gut, auf gehts zum Gepäckband, wo wir zum einen die Karre einsammeln und zum anderen eine neue Leidenschaft von Jannik wecken, nämlich das Beobachten des immer wiederkehrenden Gepäckbandes. Da es noch recht früh ist, entscheide ich mich einfach noch ein wenig zu verweilen und Jannik seinen Spaß zu lassen, dieser dauerte am Ende dann gefühlte fünf Stunden….puhh….dann mal ab zum Busterminal, denn schließlich müssen wir irgendwie in die Stadt kommen, was für sieben Euro hin und zurück auch wirklich wieder sehr günstig ist wie ich finde und Jannik ist kostenfrei, wobei ich mir gar nicht ganz sicher bin, ob das Kind ganz offiziell frei ist oder eine spontane Sympathie dafür verantwortlich ist. Wir kommen in der Stadt an und machen uns gleich auf die Suche nach unserer Hostfamilie in einem Randbezirk namens Cernusco, den erreichen wir dann auch für weitere 2,55 Euro Fahrgeld. Als wir aussteigen, entdecke ich einen kleinen alten Ort mit diesen typischen italienischen Flair, kleine Gassen, den gerstikulierenden Menschen und ich fühl mich pudelwohl hier. Was war nochmal zuhause? Ach ja, die Wohnung, Familie, Freunde und Job 😉 Wir erreichen Matteos Haus im Dunkeln und müssen leider eine knappe Stunde warten, in der ich mich ärgere, dass ich es wieder einmal nicht gebacken bekommen habe, mein Handyakku vernünftig aufzuladen, so dass ich nichtmal genau weiß, ob sie noch kommen.
Etwas später entschuldigen sich Matteo und Anna mit ihren zwei bezaubernden Kindern. Jannik und die Kids haben irre viel Spaß zusammen und nehmen das halbe Zimmer auseinander, während sie sich deutsche und italienische Worte lehren und ich helfe Anna und Matteo beim Abendessen und wir teilen tolle Reisegeschichten. Das ist wieder eine der Begegnungen, in der man sofort auf der Wir-kennen-uns-schon-ewig-Ebene ist. Eltern sein und Reisebegeistert zu sein, verbindet immer sofort. Wir nehmen den Sonntag am Familienprogramm teil und verbringen den Tag mit Rad im nahe gelegenen Park und bei Freunden der Familie, den Abend schlendern wir durch die engen und altertümlichen Gassen, vorbei an kleinen Geschäften und Restaurants, machen Halt an einen kleinen Karussell, wo die Kinder ein paar Runden drehen. Alles in allem erleben wir einen fantastischen authentischen Tag in Bella Italia.
Den nächsten Tag fahren wir in die Stadt rein und spazieren am Mailänder Dom und an der Piazza del Duomo, dem alten Domplatz, der via Torbogen zu den Boutiquen von Versace, Donnatello und Co führt. Wir kämpfen mit Sprachbarrieren, italienischer Leidenschaft im wilden gerstikulieren und ständig wieder kehrenden Regen. Wir bahnen uns den Weg zum Castello Sforzesco, einem beeindruckenden alten Schlossanwesen, indem seiner Zeit auch mal Leonardo da Vinci als Angestellter von Francesco Sforza seine Handschrift hinterließ. Das Anwesen ist einfach atemberaubend, Jannik tobt sich aus in den großen Gärten während ich die Architektur bewundere und mich ins Mittelalter denke. Ich bin immer wieder fasziniert, mit wie wenig Mitteln Menschen solche Kunstwerke zustande bringen. Am Abend stellt sich heraus, dass der Magen-Darm-Virus in die Familie eingekehrt ist und als wir am nächsten Tag spät nachmittags nach Hause fliegen, realisiere ich, dass es auch uns erwischt hat. Während Jannik nach einem Tag und einer Nacht durch ist, legt es mich zwei Tage flach und ich fühle mich einfach nur hundeelend und das kommt wirklich selten vor.
Letztendlich war es aber ein toller Urlaub, der uns fernab vom Massentourismus einen absolut authentischen Einblick in die italienische Kultur gebracht hat und die Kosten für drei Tage Mailand inklusive aller Transporte und Neben-und Essenskosten lag bei 100 Euro für 2 Personen, weniger geht kaum noch.