Malaysia mit Kind
Malaysia mit Kind und plötzlich ist alles anders
Meine Entscheidung auf unserer nun schon neun Monate langen Reise nach Malaysia zu gehen, fiel mehr als nur spontan. Genau genommen erst ein Tag vorher. Nachdem uns die Schule sehr kurzfristig in Laos abgesprungen ist, an der ich ursprünglich voluntieren wollte und die Ersparnisse für Visagebühren und Unterkunft sehr eng werden würden, entschied ich mir für das kostenlose malayische Visum, welches zudem auch drei Monate gültig ist und komplett unproblematisch an der Grenze erhältlich ist. Malaysia mit Kind? Was erwartet mich eigentlich in Malaysia mit Kind? Und auf was muss ich vorbereitet sein? Nun bin ich schon acht Wochen in Malaysia und längst überfällig mit meinem Erfahrungsbericht. Ich möchte dich in diesem Beitrag einmal mehr mit meinen Gedanken konfrontieren. Detaillierte Berichte zu den einzelnen Destinationen folgen.
Gedanken zu Malaysia mit Kind oder wie Vorurteile entstehen
Normalerweise bin ich wirklich kein Mensch, der schnell Vorurteile in sich aufkeimen lässt und doch muss ich zu meiner Schande gestehen, es ist mir passiert. Warum? Ich habe mit den falschen Leute gesprochen, habe fremde Meinungen an mich rankommen lassen und wurde mit Ängsten aus dem Familienkreis konfrontiert. Viele Menschen, die ich in Thailand traf, sprachen von Spannungen in der Bevölkerung, von unfreundlichen Malayen, von gefährlichen Situation und einem fehlendem Lächeln. Die angespannte Lage in Zeiten des Terrorismus und die Angst meiner Familie, weil sie einmal zu sehr auf die weltweite Terrorwarnung schauen, haben am Ende dazu geführt, dass ich die Grenze quasi mit null Erwartungen betreten habe. Vielleicht war aber auch genau das der Grund warum ich jetzt unsterblich in das Land verliebt bin. Bereits an der Grenze zieht man uns aus der langen Schlange raus und öffnet einen neuen Schalter an der Immigration für uns, die Prozedur ist einfacher als Schuhe kaufen. Ich kaufe im Anschluss ein Zugticket nach Butterworth, überbrücke die Wartezeit mit Toben und besteige dann einen Zug, der anders als ich es bisher in Südostasien erlebt habe, auch nach westlichen Standard ist.
Unsere erste Begegnung in Malaysia mit Kind
Und dann treffen wir Laila, die fremde Malayin. Wir verbringen nur 5 gemeinsame Minuten im Zug, die ausreichen, um unsere Kontaktdaten auszutauschen, einen Voluntiertag an der Schule zu vereinbaren, an der sie unterrichtet und alle meine Vorurteile mit einem Schlag abzubauen. Fünf Minuten später steigt ein Mann mit drei Kindern im Schlepptau zu und wieder komme ich mit einem Fremden ins Gespräch. Er ist so begeistert von Jannik, dem blonden Haar, den blauen Augen und dem aufgeweckten Wesen, dass er gefühlte 100 Selfies macht. Am Ende steckt er ihm seine ersten 10 Ringits (ca. 2 Euro) zu und bedauert sehr, nicht weiter fahren zu können. Die restlichen 20 Minuten bis nach Butterworth beantworte ich weitere Fragen an viele neugierige Malayen, die allesamt sehr imponiert sind und uns ihren Segen aussprechen. Von Spannungen und Unfreundlichkeiten kann ich bisher nichts spüren.
Malaysia mit Kind und das Inselleben auf Penang
Unsere erste Station ist die Insel Penang, mit Georgetown als Weltkukturerbe. Zwei Tage im Hostel, toller Straßenkunst und eine der wichtigsten Begegnungen auf meiner ganzen Reise. Ich buche uns über Air B´n´B bei Katya und Fazil ein und betrete mit dieser Begegnung einen neuen Abschnitt. Katya, die taffe Russin, die zum Islam konvertiert ist aus Liebe zu Fazil, die sich bemüht ihre Rolle zu erfüllen, ohne sich ganz aufzugeben. Ihre Gedanken streuen soviel Wissen und Aufklärung und ich erkenne ein weiteres Mal, niemals sollten wir Vorurteile in uns keimen lassen. Auf die Frage, wie sie einen Moslem beschreiben würden, antworten beide, es geht nicht darum, was man weiß, wie oft man betet oder welche Traditionen man lebt, denn am Ende geht es nur um eins, dass wir gutes tun. Jeder Mensch, der aus einem reinen Herzen handelt, ist auch ein Stück Moslem. Ich liege noch lange an diesem Abend wach und erkenne soviel Wahrheit in ihren Worten. Warum schaffen wir mit Religionen Grenzen? Brauchen wir wirklich die Distanz, um uns zu definieren?
Ein neuer Lebensabschnitt in Malaysia
Am nächsten Tag beginne ich aus der Not heraus mit etwas, was Jannik schon lange plant. Wir werden Straßenverkäufer. Selbstgemalte Bilder von Jannik und selbst geknüpfte Armbänder von mir werden fortan für unseren Unterhalt sorgen. Und was sich anfangs sehr komisch anfühlt, beginnt mehr und mehr ein Lifestyle zu werden, in dem wir uns zuhause fühlen. Und zum ersten Mal auf dieser Reise habe ich dieses unbeschreibliche Gefühl, dass wir alles schaffen können. Es geht nicht mehr darum, wie es weiter geht oder was als nächstes kommt, es geht nur noch darum, dass es weiter geht und dass wir die Kraft haben, uns fallen zu lassen und am Ende entdecken, dass uns Flügel wachsen. All die Begegnungen zu erwähnen, die wir in den nächsten Tagen haben, würden den kompletten Rahmen dieses Beitrags sprengen. Katya, Fazil und Mamu, der Straßenkünstler werden zu einem Teil unserer Familie und Jannik wird ein Teil der BMX Gang, ein Teil der Straßenkünstler und bringt Freude und Action in aller Alltag. Nach 10 Tagen verabschieden wir uns vorerst und treffen uns mit Laila in Aloe Setar.
Warum jeder von uns an Schicksal glauben sollte
Ich freue mich sehr auf Laila und die Begegnung mit ihren Schülern, ohne zu erahnen welch prominente Rolle ich an diesem Tag einnehmen werde. ” A day with a foreigner” lautet das Motto des Tages. Auf der Fahrt erzählt sie mir von der Schule, ihren Ideen, den Problemen mit den Kindern aus den Fischerdörfern und wie sie versucht, ihnen eine bestmögliche Chance zu ermöglichen. Sie erzählt mir, wie sie vor einem halben Jahr, ihre Schüler zum Englisch lernen motiviert hat. Sie sagte, wenn sie fleißig lernen würden und ihr Englisch verbessern, dann würde sie einen Ausländer oder gar Muttersprachler bringen, damit die Kids die Chance bekommen, die Sprache auch aktiv zu nutzen. Als sie mich vor 10 Tagen im Zug traf, wusste sie genau, das ist die Chance ihr Versprechen einzuhalten. Ich bin berührt, ergriffen und fasziniert. Diese Art von Begegnungen bedeutet mir so unendlich viel und ich erkenne wie wichtig Laila es ist, ihren Schülern andere Perspektiven aufzuzeigen. Sie erzählt mir von einem gut bezahlten Job, von dem aber am Ende oft wenig übrig bleibt, weil sie und ihre Kollegen viel in die Motivationsarbeit investieren. Wenn nur einer den Kreislauf durchbrechen kann und die Chance bekommt zu studieren, dann haben sich all die Mühen gelohnt, sagt sie. Und dann ist er da, der Moment, indem Jannik und ich auf die Schüler treffen. Ein Plakat und eine persönliche Begrüßung heißen uns zusammen mit den zwei Nachbarsschulen willkommen. Es finden Arbeitsgruppen statt, Rätselaufgaben über Deutschland und am Ende finde ich mich in einer Diskussion über Sauerkraut, Fussball und blondem Haar wieder. Während einige schüchtern sich zurück halten, gibt es die anderen, die alles aufsaugen, die Visionen haben und die ich inspirieren kann mit unserer Geschichte. Ich verspreche wieder zu kommen und bleibe mit einigen in Kontakt. Ich bin unendlich dankbar dafür, dass mich das Schicksal auserwählt hat, Laila in ihrer Motivationsarbeit zu unterstützen.
Und dann kommt Langkawi
Laila bringt uns zur Fähre nach Langkawi und lässt es sich auch nicht nehmen, für uns das Ticket zu zahlen. Wir genießen 8 Tage Langkawi im Schoße von Freunden, flanieren am Strand entlang, essen veganes selbst gemachtes Eis, düsen mit dem Roller über die Insel, gehen wandern, klettern und schwimmen, erleben Tropenstürme und Monsunregen, fahren mit dem Cablecar hoch in die Berge und betrachten Langkawi von einem anderen Blickwinkel. Langkawi, die wunderschöne Insel, gespickt mit allem, was das Herz begehrt. Action, Schönheit, Kultur, alles findet hier seine Daseinsberechtigung. Ich treffe auf Sophia, die junge Australierin, die bereits seit zwei Jahren unterwegs ist und schon als Kind die Welt bereist hat. Endlich habe ich die Gelegenheit, Fragen zu stellen, wie sich ein weltreisendes Kind nach Jahren fühlt und wie es einen prägt. Ich habe selten einen so weltoffenen Menschen getroffen wie sie und dennoch hat sie sich selbst bei all dem Verständnis für fremde Kulturen und Bedürfnissen nicht aufgegeben. Sie fordert ihre Bedürfnisse auf eine sehr angenehme Art und Weise ein, ganz ohne Wertung und völlig gewaltfrei in ihrer Kommunikation. Und ohne es zu merken, ist diese junge Frau mir eine Lehrerin in vielerlei Hinsicht.
Weiter gehts durch Malaysia mit Kind
Wir kehren nochmal zurück nach Penang, bleiben einige Tage und feiern gemeinsam mit unseren neuen Freunden Janniks sechsten Geburtstag im Skatepark. Wer in einem moslemischen Land mitten zur Ramaddanzeit Geburtstag hat, der muss sich mit der Feierei bis zum Sonnenuntergang gedulden. Und so fahren Jannik und ich am Vormittag zum Penang Hill und am späten Nachmittag dann mit einem Rohkostbuffet im Schlepptau in den Skatepark. Ich bin sehr glücklich, dass Jannik und ich diesen besonderen Tag nicht alleine verbringen. Am Ende des Tages fällt er glücklich und zufrieden ins Bett. Am nächsten Tag geht es weiter nach Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias. Ich bin aufgeregt, denn wir treffen auf Linus und Shen, eine chinesische Familie mit zwei Kindern. Die beiden sind wirklich tolle Gastgeber und Shen nimmt uns sogar mit nach Kuantan, zum Haus ihrer Eltern. Und wie Eltern so sind, wollen sie einem alles gemütlich machen. Wir fahren gemeinsam in kleine Dörfer, besuchen eine alte Mine, besteigen Hängebrücken und gehen gemeinsam auf Glühwurmtour. Ich verliebe mich ein wenig in diese ganz spezielle Gastfreundschaft, die wir hier erfahren dürfen und der Abschied fällt mir schwer. Nach weiteren zwei Tagen in Kuala Lumpur geht es weiter nach Melaka, ein weiterer Weltkulturerbestandpunkt.
Malaysia, das Land, was mich am meisten überrascht hat
Wenn es ein Land gibt, was mich wirklich überrascht hat, dann ist es Malaysia. Ich habe selten eine so ehrliche Gastfreundschaft erlebt wie in diesem Land. Und auch wenn ich Respekt vor der islamischen Kultur hatte, hat mich das Land eines besseren belehrt. Ich habe kürzlich einen Beitrag gelesen, indem es darum ging bestimmte Länder als Reiseziele zu boykottieren, um die Regierung in ihrem Weg nicht zu bestätigen, um Kulturen, die vielleicht eine andere Auffassung von Gleichberechtigung haben zu isolieren. Aber geht es nicht genau darum, zu verstehen und durch unsere eigenen Geschichte aufzuklären. Zugegeben, den Menschen in einem Land, wo unverheiratete Schwangere hinter Gittern kommen zu erklären, dass ich eine alleinerziehende Mutter bin, die nie verheiratet war, stößt nicht überall auf Neugierde und neben Unverständnis ernte ich auch eine gehörige Portion Mitleid. Ich habe lange vorher überlegt wie offen ich gerade in den islamischen Ländern mit meiner Geschichte umgehe aber geht es nicht genau darum? Mein Geschichte bildet die Menschen auf eine Art und Weise, die sie nicht von der Regierung oder den Medien erfahren würden. Ich beginne viele Dinge zu verstehen, die mir vorher noch so fremd waren und es gibt Dinge, die mich faszinieren und fast schon in einem Bann ziehen und andere, die mich schockieren. Ich weiß nun, dass viele islamische Traditionen sich verselbstständigt haben und einige von ihnen sind längst überholt. Kann ich aber wirklich ein Land, welches mich so mit offenen Armen empfangen hat nicht lieb haben? Wann immer ich ein Problem hatte oder Hilfe brauchte, stand jemand da, der uns half, der uns willkommen hieß und selten habe ich das so erlebt. Überall bekomme ich ein Lächeln und was die moslemischen Männer angeht, kann ich auch jeden beruhigen. Als Frau wird man eher ignoriert, was aber keinesfalls als unhöflich gilt, sondern eher damit zu tun hat, dass du evtl zu einem anderen Mann gehörst und somit komplett tabu bist. Anfangs war genau diese fehlende Interaktion sehr gewöhnungsbedürftig aber nach und nach habe ich mich dran gewöhnt. Genau das macht es auch aus wenn ich mich an eine so fremde Kultur ran taste. Auch musst du als Touristin nicht mit Kopftuch rumlaufen, einzige Ausnahme ist natürlich wenn du Plätze mit strengen Regeln besuchst wie beispielsweise eine Moschee oder in meinem Fall eine Schule. Wir werden noch lange Zeit in Malaysia verbringen, wie lange? Das steht noch nicht fest aber Fakt ist, dieses Land hat mich verzaubert und ich will noch mehr davon.
Hey Steffi, Karma gehört zum Reisen! Du hast es definitiv, deshalb auch die richtigen Leute im richtigen Moment am richtigen Ort…. ein schöner Bericht! Der Austausch mit den Schülern war bestimmt für beide Seiten inspirierend! Weiterhin gutes Karma
Vielen Dank und du hast so recht, Karma ist ein wichtiger Begleiter und der beste Freund auf Reisen wenn nicht alles durch geplant ist. Und irgendwie ist es so schön immer wieder zu erfahren, dass mich das Urvertrauen nicht im Stich lässt. Der Tag an der Schule war definitiv für beide Seiten inspirierend
Wir überlegen auch gerade statt Bali Malaysia zu bereisen mit einem 13- Monate altem Kind. Dein Reisebericht hört sich toll an.
Hast du noch Tipps mit Kleinkind und Spots zum surfen?
PS: im Übrigen bin ich Muslimin und mein Freund Christ mit Kind, bin schon gespannt auf die Reaktionen 😉
Liebe Intesar,
Ich habe leider Bali noch nicht bereist weil ich bisher immer Sorge hatte enttäuscht zu sein. Was Malaysia angeht, kann ich sagen, dass es in den letzten Jahren zu meinem Lieblingsland geworden ist. Ich liebe das Land, die verschiedenen Kulturen und die Herzlichkeit. Ein weiterer Vortril ist, dass es kaum sparchliche Barrieren gibt. Die meisten Leute sprechen gutes Englisch. Surfspots kann ich dir leider nicht weiterhelfen. Ich habe mal Surfer auf Langkawi gesehen. Ansonsten kann ich dir gut die Inseln um Terrenganu empfehlen, Perhantien Islands ist wohl die schoenste. Aber auch weitwr unten kurz vor Singapur gibt es eine tolle Insel namens Toiman Island. Eigentlich ist es egal wo ihr hinreist, Malaysia ist sehr kinderfreundlich. Besonder gut hat mir auch Penang gefallen, wo wir evtl so gar eine Base aufbauen werden. Ich wünsche euch ganz viel Spaß