Unsere Zeit in Bangkok
Unsere drei Monate in Bangkok
Wenn du uns auch auf den Socialmedia Kanälen folgst, wirst du sicher wissen, dass wir in der Vergangenheit einen längeren Aufenthalt in Bangkok hatten, unsere Zeit in Bangkok. Dieser diente nicht unseren Reisezwecken. Ich bin eher zufällig in das Leben eines kleinen Jungen getreten, der ein trauriges Schicksal hinter sich hatte und damit auch die wohl größte Angst in mir aufkeimen ließ, die ich schon vor unserer Reise hatte. Was ist wenn mir als Mutter, die alleine reist, etwas zustößt und Jannik plötzlich ganz alleine in einem Land ist, dessen Kultur und Sprache er nicht versteht? Diese Vorstellung machte mich schon in Deutschland als Alleinerziehende nachdenklich.
Konfrontiert mit einem Schicksal, das eigene Ängste spiegelt
Nicht auszudenken, was passiert wenn das im Ausland geschehen würde. Ich möchte dir heute den Jungen vorstellen, um den diese Geschichte geht.
Shaye ist gerade 5 Jahre alt, als ihm das wohl schlimmste passiert, was man sich vorstellen kann. Seine Mutter verunglückt tödlich in einem Verkerhsunfall während er einen unbeschwerten Tag mit anderen Kindern verbringt. Von jetzt auf gleich hat sich sein Leben komplett verändert und die wichtigste Bezugsperson in seinem Leben ist plötzlich nicht mehr da. Zu diesem Zeitpunkt kenne ich ihn noch nicht, jedoch habe ich den Youtubekanal seiner Mutter Sophie verfolgt, die in ihren Videos neben bedürfnisorientierter Erziehung, Freilernen und Veganer Ernährung vor allem ein Hauptthema hatte. Ihr ging es darum das Langzeitstillen in der Öffentlichkeit und Gesellschaft mehr publik zu machen. Ich möchte auch ihre Geschichte und den schrecklichen Unfall hier nicht zu sehr vertiefen. Vielmehr geht es mir darum, wie Jannik und ich unsere Zeit mit Shaye und seinem Vater in Bangkok erlebt haben.
Auf einmal ist alles neu und macht Angst
Sophie lebte nicht mehr mit dem leiblichen Vater von Shaye zusammen als sich der Unfall in Phuket ereignete, jedoch lebte dieser in Bangkok. Somit hatte Shaye Glück, dass er nicht ganz alleine mit dem Schicksal da stand und sein Vater innerhalb kürzester Zeit in der Lage war ihn aufzufangen und zu sich zu holen. Als wir die beiden in Bangkok erreichen, waren bereits drei Monate vergangen und derweil hat eine Freundin die beiden unterstützt, wo sie nur konnte. Als ich Shaye auf unserer Reise aus Myanmar zufällig traf, stand für mich fest, ich möchte helfen und versuchen etwas zu geben, was ihn wieder leichter macht in seinem Alltag. Auch wenn ich weiß, dass nichts den Verlust ersetzt. Shayes Vater John steht mit Vollzeitjob und Kind zu diesem Zeitpunkt alleine.
Von Erwartungen und Überforderung
Ich weiss ehrlich gesagt nicht genau, was ich erwartet habe und wie ich mir das ganze vorgestellt habe, ob ich überhaupt etwas dabei gedacht habe? Ich wollte einfach nur helfen. Bereits nach einigen Tagen in Bangkok habe ich erkannt, dass meine Hilfestellung nicht ausreicht, dass es hier um weit mehr geht als einen traumatisierten Jungen, der seine Mutter verloren hat. Irgendwie habe ich gedacht, ich schaffe es, Shaye gemeinsam mit Jannik wieder ein wenig Lebensfreude einzuhauchen, Erlebnisse zu schaffen, die ihn wieder ins Jetzt holen doch ich musste erkennen, dass die Arbeit allein mit dem Jungen nicht ausreicht. Obwohl die Elternteile bereits einige Zeit vor dem Unfall getrennt waren, war ich vielleicht auch ein Stück weg zu ignorant zu glauben, es ginge nur um Shaye. Dass sein Vater genauso emotional traumatisiert ist und seine Schwierigkeiten hat, wieder ins Leben zu finden, war mir im Vorwege nicht klar. Vermutlich auch deshalb weil in meinem Kopf immer die Idee von starken Eltern herrscht, die keine Schwäche zeigen und immer ein Fels in der Brandung sind.
Alleinerziehend das Leben meistern?
John hat sich bemüht mit der neuen Situation klar zu kommen und alles zu organisieren, was die Betreuung für Shaye angeht. An vielen Punkten habe ich mich wieder erkannt, als Alleinerziehende mit Vollzeitjob, die oft auf die Hilfe von anderen angewiesen war, um den Spagat zwischen Kind und Beruf hinzubekommen. Noch heute bin ich dankbar für die Hilfe und habe es eigentlich viel zu selten gesagt. Ich fühlte mich in Bangkok in sehr vielen Momenten getriggert und meine Gefühle reichten von Mitgefühl über Verständnis und manchmal hin bis zu Wut. Wut darüber, dass die Dinge auch mal nicht so funktionieren wie man es sich vorstellt und Wut darüber, dass das Leben alleine mit Kind eben diese besonderen Hürden mit sich bringt. Und Wut über die Geschehnisse, den Verlust, den Shaye ninnehmen musste. Über meine eigenen Emotionen hinaus habe ich manchmal vergessen, welche Trauer auch in John steckt. Ich habe manche Dinge nicht verstehen wollen weil ich sie nur aus der Sichtweise des Kindes gesehen habe.
Von der Arbeit mit unterschiedlichen Charaktären
Als meine Arbiet in Bangkok beginnt, treffen wir auf einen sensiblen und ruhigen Jungen, dem plötzlich Jannik als selbstbewusster Wirbelwind gegenüber steht. Ich glaube, zu dem Zeitpunkt können die beiden Jungs nicht unterschiedlicher sein. Dadurch ergaben sich viele Hürden in der Zusammenführung. Beide sind Einzelkinder, sind es gewohnt die volle Aufmerksamkeit zu bekommen und plötzlich steckt man sie zusammen, 12 Stunden täglich. Sie müssen sich arrangieren, gemeinsame Spiele finden, eine gemeinsame Sprache sprechen, soziale Kompetenzen ausbalancieren. Ich merkte schnell, dass ich die Situation entzerren muss und begann die Tage fast komplet im Freien zu verbringen. Statt den gewohnten Taxifahrten für Shaye zu Indoorspielplätzen oder anderen Aktivitäten, erschuf ich ein Programm mit mehr Abenteuer. Es tat mir in der Seele weh, diesen kleinen Jungen quer durch Bangkok zu schleppen in den Bussen der Einheimischen mit langen Wartezeiten und langen Wegen. Aber es war eine gute Richtung und ein Grundstein für mehr Fröhlichkeit. Wir verbrachten die Tage in Parks, trafen auf viele andere Kinder und versuchten Struktur in sein neues Leben zu bringen. Die Idee dahinter war aber vor allem die beiden Jungs durch gemeinsame Erlebnisse miteinander zu verbinden. Und natürlich einen Alltag zu erschaffen, der Shaye langsam aus seinem Schneckenhaus lockte. Mir war klar, dass ich keine fundierte Ausbildung habe, um auf ganzer Ebene zu wirken.
Als ich nicht weiter wusste….
Immer wieder reflektierte ich meine Handlungen und fragte mich, was kann ich machen, was hilft noch mehr und wie kann ich etwas hinterlassen, was auch noch nach meinem Aufenthalt wirkt. In diesem Zeitraum holte ich mir auch viel Rat bei einer Freundin, die in dem Bereich Traumabewältigung bei Kindern tätig ist. Mit ihrer Hilfe erkannte ich schnell, dass es bei meiner Arbeit nicht nur um Shaye geht, sondern eben auch um John und dass sich nachhaltig nur Dinge verändern und einspielen können, wenn ich ihn mit im Boot habe. All meine Aktivitäten nützen auf Dauer nichts, wenn dieser Alltag und die Strukturen nach unserer Abreise nicht fortgesetzt werden. Ich merkte, wie ich zunhemend an meine Grenzen geriet. Vielleicht war es mein Perfektionismus, der Wunsch, alles richtig zu machen und Fehler nicht zu akzeptieren aber vielleicht war es auch meine eigene Geschichte, die mir im Weg stand. Das Schicksal als Alleinerziehende alles wuppen zu müssen und eben keine Schwäche zu zeigen oder Dinge auch mal zu akzeptieren, die eben gescheitert sind. Shaye besuchte parallel auch eine Spieltherapie, um den Verlust zu verstehen.
Ein kleiner Start in neue Srukturen
Gemainsam mit John gelang es mir doch noch zum Ende hin, einen Plan auszuarbeiten und Grundstrukturen festzulegen, die für Shaye so wichtig sind in der neuen Umgebung und der neuen Konstellation zurecht zu finden. Ich weiss nicht, wie ich es damals mit Vollzeitjob und Kind alles geschafft habe aber ich möchte mir gar nicht vorstellen wie sich das anfühlt, wenn dazu noch diese Trauer kommt und das Gefühl, nicht loslassen zu können. Wie kann man sich aus einer Situation befreien, wenn man sich so gefesselt fühlt von den Umständen und den Geschehnissen? An einigen Stellen bewundere ich wie John trotz allem versucht die Situation so zu nehmen wie sie ist und an anderen Stellen bin ich traurig und berührt über die Emotionen des kleinen Jungen, die eben genau durch diesen Spagat von Job und Kind im Alltag untergehen. Ich erinnere mich an meine Zeit und denke daran zurrück wie wenig Zeit ich mit Jannik hatte für Gespräche und für das Teilen unserer Emotionen und weiss genau, dass die Zeit eben jene war, in der unsere Beziehung ein Stück verloren ging. Ich wünsche mir von Herzen für Shaye und John, dass sie ihre Bindung zueinander trotz des Alltags vertiefen können und dass beide es schaffen, ihre Trauer zu bewältigen.
Und dann ist da Freundschaft
Was Shaye und Jannik angeht, waren sie in den drei Monaten sicher nicht immer einer Meinung und haben sich auch oft gerieben aber beide haben viel dazu gelernt und sind an dieser Erfahrung gewachsen, haben ihre sozialen Kompetenzen erweitert und Freundschaft geschlossen. Wir stehen nach wie vor in Kontakt und planen schon bald den nächsten Besuch. Gerade auf einer solchen Reise versuche ich die Freundschaften, die sich entwickeln auch über die Distanz zu bewahren. Shaye besucht mittlerweile eine Montesouri Schule, was zwar grundsätzlich nicht den Gedanken des Freilernens wieder spiegelt aber in seinem Fall eine gute Möglichkeit ist, Freundschaften zu schliessen und wieder in den Alltag zu finden mit sozialen Kontakten. Bei unserem letzten Treffen haben die beiden Jungs noch bis in die Nacht rein gespielt und es war so schön zu sehen, dass trotz der Distanz etwas geblieben ist und die gemeinsamen Erlebnisse der drei Monate die beiden verbunden hat. Schon bald werden wir sie wieder besuchen.
Manchmal frage ich mich, ob ich mehr hätte helfen koennen oder ob vielleicht der falsche Zeitpunkt für uns war doch am Ende zählen doch nur die Momentaufnahmen und die sind es, die bleiben.
Hallo Stephanie,
ich gebe zu, Dein Artikel hat mich gerade getriggert. Ich hoffe, in besonnenen Worten rüberbringen zu können, was ich spontan gedacht habe:
Erst einmal: War Deine Hilfe eigentlich gewünscht? Ich habe den Part vermisst, wo Du Vater und Sohn gefragt hast, ob Deine Hilfe, Deine Vorstellungen von “Struktur reinbringen” und “aus dem Schneckenhaus holen” gewünscht sind und die beiden “ja” gesagt haben.
Das ist für mich essentiell. Nun mag es Leute geben, die sagen, der Junge braucht doch auf jeden Fall Hilfe. Das mag ja sein. Mich persönlich erinnert es an ganz schreckliche Erlebnisse mit Menschen, die damals auch der Meinung waren, ich müsse nach gerade drei Monaten “aus meinem Schneckenhaus raus”, und ich bin ehrlich gesagt extrem froh, dass die meisten mich in Ruhe haben trauern lassen. Der Prozess hat bei mir eineinhalb Jahre gedauert, und ich hatte das Glück, Lehrer zu haben, die die ein oder andere Note “aufgehübscht” haben, damit mir das nicht auch noch im Leben schwer gemacht wird, die aber eben nicht verlangt haben, dass ich nach drei Monaten wieder so sein soll, wie sich das andere vorstellen. Jeder Mensch trauert anders, ich wünschte, ich hätte nicht auch noch für andere lächeln müssen, dann wäre der Trauerprozess vermutlich einfacher gewesen. Immerhin konnte ich so das Geschehen bewältigen und das tun, was so unendlich wichtig ist: eben verarbeiten, um es nicht unverarbeitet mit in mein Erwachsenenleben zu schleppen.
Mir ist klar, Du wolltest nur Gutes tun. Aber die Worte, die Du schreibst, klingen so, als würdest Du eine sehr genaue Vorstellung davon haben, was gut ist. Und das ist vielleicht nicht die Vorstellung der anderen.
Liebe Grüße
Inka
Liebe Inka,
kurz vorweg, ja, die Hilfe war erwünscht aber ich habe im Laufe der Zeit festgestellt, dass ich vermutlich den falschen Ansatz hatte. Ich danke dir sehr für deine Meinung. Mein Wunsch war in erster Linie, vor allem die Vater-Sohn-Bindung zu stärken. Ich weiß, ich konnte in keiner Weise irgendwas ersetzen. Und ich geb dir vollkommen recht, denn er hat jetzt, einige Monate später, schon einiges verarbeitet. Nochmals danke für deine Sichtweise, die mir auch jetzt noch ein wenig die Augen öffnet.
Liebe Stephie,
Erstmal vielen Dank, dass du uns an der Begegnung teilhaben lässt. Es ist ein wirklich schwieriges Thema. Im Grunde ging es da ja um zwei Themen. Zum einen die Traumabewältigung und zum anderen das zusammenführen von Vater und Sohn. Ich glaube egal, wie du es machst, du kannst da nicht das erreichen, was du dir vorgestellt hast. Es scheint, als hättest du alles gegeben und bist nach deiner Aussage auch gewaltig an deine Grenzen gekommen. Vielleicht waren deine Ziele einfach zu hoch gesteckt? Was man aber auch schon in den Bildern sieht, die beiden Jungs haben eine Freundschaft fürs Leben und ich denke, allein damit hast du ein wenig Licht in die Familie gebracht.
Sei gegrüßt Mona
Hallo Ihr Beiden,
ich bin rene. Ich hatte mal dir geschrieben ein Post da wart ihr in Myamar. Ich finde leider den Post nichtmehr. Damals habe ich dir geschrieben wie es in der DDR war und wie ich es gehasst habe. Vielleicht erinnerst Du dich.
Heute habe ich ein kleines Anliegen. Wir reisen am 1.11 nach Phuket für drei Wochen. Meiner ist dann 5 Jahre und wir reisen allein. Ich war schon oft in Asien, habe viel bereist, meist allein. Aber eben nicht mit Kind allein. Eine ganz praktische Frage, die mir sehr wichtig ist.
Was isst dein Kind. Meiner ist soooo mäkelig. Nutella geht immer. Brot gelegentlich. Obst gerne (ich denke an dein Tipp mit Natron). Kekse. Aber mal richtige Mahlzeiten. Er isst kein Reis (ausser Milchreis). ich weis nicht wie ich ihn durchfüttern soll. Er ist nicht der größte und ess nur, wenn es ihm einfällt. Es kann ja nicht nur eis oder 7eleven sein.
Pencacke fällt mir noch ein, aber geht ja nicht jeden Tag.
Wo seit ihr gerade?
Auch diesmal möchte ich euch gern unterstützen und sende eine Spende für Euch.
Danke im Vorraus.
viele Grüße René